Nordische Ski-WM in Oberstdorf

Oberstdorf steht für schneeweiße Berge, für Alpenromantik, Tourismus und natürlich für das Auftaktspringen der Vierschanzentournee. Jetzt steht Oberstdorf auch noch für ein anderes, ein noch größeres Event: für die Nordischen Skiweltmeisterschaften im Februar und März 2021. Nach 1987 und 2005 findet der Wettbewerb zum dritten Mal im Oberallgäu statt. Wieder werden Scharen von Wintersportfans zu Fell- und Nebelhorn pilgern. 10.000 Einwohner leben in Oberstdorf, zur WM wird das 30-fache an Zuschauern erwartet. Das werde ein Volksfest, prognostiziert Johannes Rydzek. Wie aber stemmt eine so überschaubare Gemeinde ein so großes Ereignis? Was kostet diese WM? Wird der (Um-) Bau der Stadien nachhaltig gestaltet? Inwiefern profitiert die Region davon?

Status Quo Baumaßnahmen

Die FIS hat seit 2005 einige Regularien geändert, auf die die Gemeinde Oberstdorf nun zu reagieren hat. Um das Langlaufstadion Ried und die Skisprungschanzen zu erneuern, müssen rund 40 Millionen Euro investiert werden. Im Jahr 2005 beliefen sich die Kosten nur auf ein Drittel des jetzigen Betrags. Rund 20 Millionen Euro werden für die bevorstehende WM vom Freistaat Bayern übernommen, 8 Millionen Euro zahlen die Gemeinde Oberstdorf und der Landkreis Allgäu. Investiert wird zum Beispiel in die Loipen, die eine Breite von 16 Metern haben müssen. Zwei Drittel des Geldes fließen in das Langlaufstadion. So verkündete Projektleiter Florian Speigl im Rahmen des Dein Winter. Dein Sport. Summits freudig, dass es endlich vernünftige Toiletten an der Anlage geben werde. Doch nicht nur neue Toiletten werden gebaut. Es entsteht auch ein neues Funktionsgebäude und eine Trainingskalthalle.

Die touristischen Loipen werden von den Leistungssport-Loipen getrennt. Das ganze Loipensystem am Langlaufstadion wird ausgebaut. Der bekannte Egli-Hügel musste dafür schon weichen. Er wurde abgetragen und in den Bau integriert. Ende Januar 2020 wird in diesem Stadion schon der erste Langlaufwettkampf stattfinden. Projektleiter Speigl steht auf jeden Fall unter dem immensen Druck, zu den Wettkampfgeneralproben fertig zu werden. Eine festinstallierte Tribüne im Langlaufstadion wird es nicht geben. Eine auf- und abbaubare Variante erhält den Vorzug. Eine Variante, auf der ganz Oberstdorf Platz nehmen kann.

WM-Botschafter und Olympiasieger Johannes Rydzek steht schon mehr als ein Jahr vor dem Event im besonderen Fokus. Er ist gebürtiger Oberstdorfer und aktuell einer der besten deutsche Kombinierer. „Es wird ein einmaliges Erlebnis werden und es bedeutet mir sehr viel“, so Rydzek. Und dem Spitzensportler geht es nicht nur um Bestzeiten und -weiten, in seiner Bachelorarbeit beschäftigt er sich auch mit dem Bau des Stadions; es geht um die Nachhaltigkeit von Großsportver-anstaltungen. Rydzek bezieht sich dabei auf die Chancen und Herausforderungen der Weltmeisterschaft 2021 in Oberstdorf. Speziell geht es aber um das Langlaufstadion, was mehr ein Langlaufzentrum wird. „Nicht nur der Leistungssport und der Nachwuchs werden davon profitieren, sondern der ganze Ort, der Tourismus und die Einheimischen“, meint der Olympiasieger. Es sei wichtig, einen Treffpunkt am Langlaufzentrum zu schaffen, wo nicht nur Leistungs- und Breitensportler verweilen, sondern auch Touristen und Einwohner.

© Ralf Lienert

Lokalmatador Johannes Rydzek

Kombi-Ticket für die Umwelt

Auch der Gemeinde Oberstdorf geht es um Nachhaltigkeit. „Die Veränderungen sind nicht wahnsinnig groß“, sagte Florian Stern, Geschäftsführer vom Organisationskomitee der Ski-WM. Er meint den technischen Bereich, etwa das mobile Internet. Die größte Herausforderung ist der öffentliche Personenverkehr. Wie Projektleiter Speigl bei der Baubesichtigung sagt, entstehe am Langlaufstadion nur ein Parkplatz für 120 Autos. Das steht in keinem Verhältnis zur erwarteten Zuschauermasse. Und Stern mahnt, dass es nicht wie 2005 gehe. Damals wurden Wiesen zum Parken bereitgestellt.
Um die Parkplatzsituation zu lösen, haben sich die Geschäftsführer um ein ganz besonderes Ticket bemüht. Moritz Beckers-Schwarz, ebenfalls Geschäftsführer vom OK Ski-WM, kümmert sich um das so genannte Kombi-Ticket. Das Ticket ist gleichzeitig Eintrittskarte für die Stadien und Fahrschein für den Öffentlichen Personen- und Nahverkehr. Ein großes Miteinander soll gefördert werden. Prof. Dr. Ralf Roth, Ausschussmitglied für Umwelt und Nachhaltigkeit, gab die Lösung auf dem Summit vor: „gemeinsam zum Skisport zu gehen“.
Die heimischen Athleten und die Einwohner von Oberstdorf freuen sich schon auf das Großereignis. „Das ist eine tolle Anlage, die hier entstehen wird. Es werden die schwersten Loipen sein, die die Welt je gesehen hat. Es ist also eine Weltmeisterschaft der Superlative“, so Peter Schlickenrieder, Bundestrainer Langlauf.

© Ralf Lienert

In den letzten 16 Jahren hat sich der Nordische Skisport ausgeweitet, immer mehr Disziplinen sind dazugekommen. Diese werden auch in knapp eineinhalb Jahren in Oberstdorf gezeigt. „Es ist wichtig, dass man den Sport weiterentwickelt“, so Schlickenrieder. So können sich die Zuschauer und Oberstdorfer auf 13 Herren- und 9 Damenwettbewerbe freuen, ebenso auf eine Mixed-Konkurrenz. „Das heißt, wir müssen uns darauf vorbereiten, um hier wirklich bestehen zu können“, meint der Langlauf-Bundestrainer. Auch Wintersportler Rydzek blickt schon freudvoll auf die WM: „Oberstdorf ist ein Ort, an dem ich mich mega wohl fühle.“ Mit dem Wohlgefühl komme der Spaß, und mit dem Spaß dann auch der Erfolg, so Rydzek.

Autor: Aylin Bahrmann (Hochschule Macromedia)

Dieser Text entstand im Rahmen einer Kooperation von Dein Winter. Dein Sport. mit den Sportjournalismus-Studenten der Hochschule Macromedia in München unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Brunner.

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